Terra Nova

Die Löwin brüllt

von Kerstin Chavent

„Die Frau sei dem Manne untertan.“

So lautet ein Satz im 5. Kapitel des Epheserbriefes, der in der Vergangenheit für viel Entrüstung gesorgt hat. Auch wenn wir nicht an die Geschichte mit der Rippe glauben: Das Frauenbild unserer Zivilisation ist von Eva geprägt, der Frau, die bis heute deutlich weniger verdient als der Mann, die weit schwerer an der Doppelbelastung Arbeit und Familie trägt und die wesentlich häufiger als er Opfer vor allem männlicher Gewalt wird. Wenn manche Frauen es mit Quotenregelung und dem Nachahmen männlichen Konkurrenz- und Dominanzverhaltens auf Führungsposten schaffen, spielt Weiblichkeit im Weltgeschehen eine untergeordnete Rolle. Unsere Zivilisation ist vor allem männlich geprägt. Die Erinnerung an einen Mythos aus uralter Zeit stellt uns vor die Frage, ob wir in einem System aufsteigen, das seit Jahrtausenden sein zerstörerisches Potenzial beweist, oder ob wir aus ihm aussteigen wollen.

Lies den Artikel in Manova.news hier


Terra Nova Editorial vom 11.4.24

„Behandle andere so, wie du von ihnen behandelt werden willst.“ (Goldene Regel)

Liebe Freundinnen und Freunde,

weiter geht es mit unserem neuen Format, gespeist von der Journalisten- und Künstlerinnengruppe von Terra Nova. Heute schreibt euch Kerstin Chavent, Autorin von vielen berührenden Artikeln und Büchern.

Herzlich

Christa

Kerstin Chavent

Liebes Terra-Nova-Netzwerk,

In den vergangenen Jahren haben viele von uns Unrecht zu spüren bekommen. Viele haben Verrat erlebt, Zurückweisung, Demütigung und Verlust. Viele von uns fühlen sich schwer verletzt. Für die, die ihre Arbeit verloren haben, ihren Ruf oder ihre ganze Existenz, klingt es wie Hohn, wenn davon geredet wird, dass wir jetzt wieder aufeinander zugehen sollen, um die Trennung zu überwinden. Für viele mag es sich so anfühlen, als wären sie eingesperrt worden und sollten nun ihrem Kerkermeister einen freundschaftlichen Handschlag geben. War ja alles nicht so schlimm.

Doch es war schlimm. Wenn wir jetzt wieder den Fehler machen, die seelischen Beschädigungen, die Schmach, das kriminelle Verhalten, die Verblendung, die Feigheit, die Verlogenheit, das Denunziantentum und das Mitläuferverhalten unter den Teppich zu kehren, wird es immer wieder Kriege geben, ob gegen ein Virus, gegen den Nachbarn oder die ganze Welt. Das Übel muss angeschaut werden. Der Schmerz muss gespürt werden. Auf beiden Seiten muss er durchlebt werden, verdaut, so lange bearbeitet, bis er integriert ist. Dann, erst dann, kann Heilung stattfinden. Dann, erst dann, werden wir von Verzeihen reden können. Dann, erst dann, werden wir davon sprechen können, das Trennende zwischen uns zu überwinden.

Wenn diejenigen, die Teil einer menschenverachtenden Ausgrenzung und Unterdrückung waren, heute davon sprechen, aufeinander zuzugehen, lassen wir sie kommen. Erzählen wir ihnen, wie es uns ergangen ist. Sprechen wir von unseren Gefühlen, von unserem Schmerz, ohne Beschuldigung, ohne Rechtfertigung. Sehen wir, was passiert. Wenn unser Gegenüber uns wirklich zuhört, ohne Beschuldigung, ohne Rechtfertigung, dann ist das mit der Überwindung der Trennung vielleicht ernst gemeint. Dann können wir uns gemeinsam an die Arbeit machen. Und wenn nicht? Dann beschäftigen wir uns besser weiter mit dem Trennenden in uns als mit denen, die so tun als ob. (Mein heutiger Beitrag – s.u. – wurde zunächst auf Manova veröffentlicht.)

Herzlich

Kerstin Chavent, Terra Nova

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Die Goldene Regel

Quelle in Tamera
(An der Quelle in Tamera)

Ein einziges Prinzip kann die Basis dafür liefern, in Frieden und gegenseitigem Respekt zusammenzuleben.

Behandle andere so, wie du von ihnen behandelt werden willst — der Grundsatz der praktischen Ethik beruht auf der Gegenseitigkeit menschlichen Handelns. Mein Leben wird besser, wenn dein Leben besser wird. Die Erkenntnis, dass Eigeninteresse und Altruismus einander nicht ausschließen, hat eine lange Tradition. Seit dem siebten Jahrhundert vorchristlicher Zeit wird die Goldene Regel in religiösen und philosophischen Texten aus China, Persien, Indien, Altägypten und Griechenland überliefert.

Nach heutiger Erkenntnis kann sie nicht auf eine gemeinsame Quelle zurückgeführt werden. Wie das Rad oder die Pyramide, die zeitlich parallel an verschieden Orten der Welt erfunden wurden, wurde das Zusammenleben verschiedener Kulturen von der Erkenntnis geprägt, dass das, was wir anderen antun, früher oder später zu uns zurückkommt.

 

 

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