Terra Nova

Editorial Terra Nova 2.12. 2021

„Das wichtigste am Leben ist das Leben.“
Heini Staudinger, Gründer der GEA-Waldviertler Schuhfabrik und Herausgeber der wunderbaren Zeitschrift Brennstoff


Liebe Freunde und Freundinnen,

Vor einigen Tagen, mitten auf einem Fest mit wunderschönen Begegnungen, kam mir die Weltsituation so nahe, dass ich in Tränen ausbrach. Gerade lief das Lied „It´s a wonderful world“ – ich sah auf die geliebten Menschen um mich herum und ihre Offenheit und gleichzeitig mit dem inneren Auge auf diese unglaubliche, funkelnde, reiche und vielfältige Welt. Und es traf mich mit Wucht: Diese wunderbare Welt bringen wir gerade um. Waren das Tränen der Resignation? Oder Tränen, die zu einer Entscheidung führen? Was für eine Entscheidung ist es denn, die diesem Schmerz und dieser Schönheit gerecht wird? Was muss noch geschehen, damit wir wirklich entscheiden: Es reicht!

Meine erste Antwort ist Nicht-Wegschauen. Eine ehemalige Kollegin, die Friedensarbeitergruppen weltweit koordiniert, sagt, sie kann sich nicht erinnern, dass es schon einmal so viele globale Konflikte und Krisen gleichzeitig gegeben hätte. Wer schaut noch nach Afghanistan, Äthiopien oder Kamerun, wenn alle auf Corona starren und sich Familien und Freunde zerstreiten an der C-Frage? Wer reagiert noch mit Anteilnahme, wenn sich die meisten mit Abgrenzung und Vorwürfen begegnen? Aber drehen wir das doch mal um: Corona ist nicht nur der momentane globale Zankapfel. Corona ist die ultimative Aufforderung, uns für Leben zu entscheiden. In jedem Moment leben. Denn in meinen Augen ist es diese Nicht-Entscheidung für das Leben, die den Tod so vieler Menschen, Kulturen, Tiere und Natur bewirkt. Unsere Weigerung, mit allem Leben lebendig umzugehen und alles sein zu wollen, was wir sind, ist der Tod für immer größere Teile der Welt. Unsere Unfähigkeit oder Unlust, das innere Ja zum Leben mit all seinen Gefühlen, Unkontrollierbarkeiten, Herausforderungen und Begegnungen zu geben, spiegelt sich auf der Erde wieder – durch Verwüstung und Krieg.
Ganz konkret hingeschaut: So viele Gruppen, die sich zusammenschließen, um sich gemeinsam für eine gute Sache einzusetzen, brechen zusammen, sobald das Leben in sie einbricht: in Form von Verliebtheiten, Konkurrenz, Konflikten oder anderen unberechenbaren Dingen. Ich habe in den letzten Monaten einiger solcher Gruppen besucht, beraten und begleitet. Die Antwort ist immer Leben. In Liebe stehen zu bleiben auch bei Anfeindungen und Angst Güte, Gnade und Vertrauen walten zu lassen, nicht wegschauen und nicht diese Welt dem Nicht-Leben überlassen – das ist meine Antwort.

Ich grüße das Leben! Ich grüße alle Menschen, die darum ringen, lebendig zu sein und immer mehr von sich und anderen lieben. Es ist mir nicht so wichtig, was ihr glaubt oder welches Weltbild ihr habt. Aber es ist mir wichtig, dass wir uns auf der Grundlage von Realität und Leben begegnen. Als Studientext habe ich eine Morgenandacht von Sabine Lichtenfels ausgewählt. Sie spricht von der inneren Neugeburt – und das finde ich hoch-aktuell.

Christa Leila

Zum Studientext: Pflege deine innere Neugeburt

 


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