Terra Nova

Die Kriegsgesellschaft und ihre Folgen

Von Dieter Duhm

Der weltweite Krieg wurzelt in den tiefsten Strukturen unserer Zivilisation und kann deshalb nicht allein durch Friedensappelle, Aufklärung und Widerstand verhindert werden. Die globale Friedensarbeit braucht ein neues globales Konzept für eine Zukunft ohne Krieg.

Weiß man, was Krieg bedeutet? Kennt man den unsäglichen Schmerz von Menschen, die in Trümmern eingeklemmt, verstümmelt oder verbrannt werden? Dies und nichts anderes ist Krieg. Die Machtkartelle aus Wirtschaft, Politik und Militär wissen, dass bei ihrer Eroberungspolitik Kinder verbrennen, erfrieren, verhungern werden – und sie tun es. Sie wissen, dass Familien auseinandergerissen und Gemeinschaften zerstört werden – und sie tun es. Sie reden von Frieden, Freiheit und Demokratie und töten die Freiheitskämpfer, die ihren Plänen im Wege stehen. Sie haben eine Welt des Konsums errichtet, die auf der anderen Seite der Erde zu Versklavung, Verzweiflung und Untergang führt. Hinter den Zahlen an den Börsen steht das Leid unzähliger Menschen und Tiere. An den Folgen von Kolonisierung und Globalisierung sterben mehr Menschen als jemals in einem Krieg gestorben sind. Können wir fortfahren, unsere Vorteile zu genießen und unseren Einsatz auf Worte zu beschränken? Wir müssen reale Wege und Mittel finden, die Erde vom Krieg zu befreien.

Wir nehmen indirekt teil am Krieg, weil wir keine Zeit haben zu begreifen, was da eigentlich geschieht. Unsere Kultur ist so eingerichtet, dass niemand Zeit hat zu begreifen, was da eigentlich geschieht. Wir nehmen teil am Krieg, weil wir teilnehmen an einer Zivilisation, die überall den Krieg erzeugt. Der Krieg ist ein Bestandteil unserer Zivilisation, unserer Wirtschaft, unseres Konsums und unserer Vorstellungen vom Leben. Unsere eigene, westliche Gesellschaft lebt von Rüstungsindustrie und Waffenhandel, vom Krieg gegen die Natur, vom Krieg gegen die Dorfgemeinschaften und die Bauern der sog. Dritten Welt, vom Krieg gegen die Liebe, vom Krieg gegen die geistigen Anker und Heimatplätze der menschlichen Gattung. Dieser Krieg fordert seine Opfer in Tschetschenien, Afghanistan oder Irak, in Lateinamerika oder Palästina, aber er fordert seine Opfer auch dort, wo angeblich Frieden und Demokratie herrschen: in den Büros und Fabriken, in den Schulen und Familien, in den Liebesbeziehungen und gescheiterten Ehen, in der Situation heimatloser Jugendlicher, im sexuellen Notstand der Jugend, in den Seilschaften des organisierten Kindesmissbrauchs, wie sie in vielen Ländern aufgedeckt wurden. Und schließlich in der auswegslosen Situation von Menschen, die im Räderwerk der bestehenden Verhältnisse nicht mehr zurechtkommen.
Und sind nicht auch die Schlachthöfe, die Pelztierfarmen und Tierlabors ein Teil des alltäglichen Krieges? Muss der Fortschritt einer Kultur wirklich mit so maßlos viel Tierleid verbunden sein?

Es gibt eine Lösung. Wir können sie erkennen, wenn wir aus genügendem geistigen Abstand das Ganze betrachten, in dem sich das derzeitige Leben auf der Erde abspielt.
Betrachte die Erde als einen lebendigen Organismus, dessen Lebewesen durch bestimmte Frequenzen miteinander verbunden sind. Wir sind selbst ein Organ in diesem Organismus. Mit unseren Gedanken, Worten und Taten senden wir bestimmte Frequenzen aus, die dem Frieden dienen oder dem Krieg.
Wir erkennen, dass wir selbst noch ein Teil des globalen Kriegsgeschehens sind, solange wir von den gewohnten Gedanken der Angst, der Wut oder Rache gelenkt werden. Schaffen wir also Orte, wo wir den Kriegskräften keine Resonanz mehr zu geben, weder denen in der Welt noch denen in uns selbst.
Wir haben verstanden, dass Opfer und Täter oft in einer analogen Struktur miteinander verbunden sind und dass wir selbst ebenso gut Opfer wie Täter sein könnten – und dass wir tatsächlich beides sind. Es ist eine tiefe gemeinsame, geschichtlich entstandene Leidensstruktur, aus der sowohl die Opfer als auch die Täter hervorgehen. Auch die Täter waren einmal Opfer, auch sie wurden ihres Vertrauens, ihrer Liebe, ihrer menschlichen Heimat beraubt. Auch sie kommen aus Lebensverhältnissen, in denen Gewalt produziert wurde. Alice Miller hat diese Lebensverhältnisse bei bekannten Gewalttätern recherchiert und beschrieben. Der serbische Diktator Milosevic hat in seiner Kindheit miterlebt, wie beide Eltern Selbstmord begingen. Empfangenes Leid wird an andere weitergegeben. Auch bei den brutalsten Killern ließe sich die alte Mignon-Frage wiederholen: Was hat man dir, du armes Kind, getan?
Man möge verstehen, dass es sich hier nicht um Sentimentalität handelt, sondern um eine kollektive Grundtatsache unserer gegenwärtigen Zivilisation: Das Drama der Entwurzelung, das Drama missglückter Liebesbeziehungen, das Drama heimatloser Kinder, das Drama von Trennungsschmerz und menschlicher Verlassenheit ist nicht mehr ein Privatproblem, sondern es ist das gesellschaftliche und menschheitliche Drama unserer Zeit. Hinter der weltweiten Epidemie gnadenloser Gewalt steckt die Erfahrung eines Schmerzes, der auf herkömmlichem Wege nicht mehr bewältigt werden kann. Und doch ist er heilbar.

Hinter der weltweiten Epidemie gnadenloser Gewalt steckt die Erfahrung eines Schmerzes, der auf herkömmlichem Wege nicht mehr bewältigt werden kann. Und doch ist er heilbar.

Das ist das globale Kernthema, mit dem wir uns heute beschäftigen müssen. Die Frage heißt: Wie stoppen und überwinden wir die Produktion von Trennungsschmerz, Verlustangst, Verlassenheit und der daraus entstehenden Gewalt? Oder positiver: Wie schaffen wir reale Lebens- und Liebesverhältnisse, die dem Wachstum des Vertrauens und der Solidarität mit allen Mitgeschöpfen dienen? Wir brauchen nicht nur eine Lösung für die Opfer, sondern wir brauchen eine Lösung für die ganze Menschheit. Und last, not least: Wir brauchen auch eine Lösung für die Tierwelt.

Stell dir vor, es gäbe auf der Erde einige Orte von einigen hundert Menschen, von denen eine konzentrierte Friedensinformation mit hoher Kraft in die Frequenzen der Welt geschickt wird. Diese Menschen hätten Frieden untereinander, Frieden zwischen den Geschlechtern, Frieden zwischen Erwachsenen und Kindern, Frieden mit den Wesen der Natur. Der globale Schaltkreis von Angst und Gewalt wäre an diesen Stellen radikal unterbrochen. Welche Wirkung hätte das auf das Ganze? Was in einem Teil des Ganzen geschieht, kann immer auch im Ganzen geschehen – denn wir sind alle durch einen einheitlichen Code des Lebens (DNA), eine einheitliche Grundinformation und eine einheitliche Lebensenergie miteinander verbunden. Das heißt mit anderen Worten: Eine radikale Veränderung unseres Zusammenlebens untereinander und mit den Wesen der Natur hätte, wenn sie an wenigen Orten real stattfände, mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Wirkung auf das Ganze im Sinne einer neuen globalen Feldbildung.
Sagt nicht zu schnell, dass dies nicht realistisch sei. Es gibt im multiplen Universum viele Möglichkeiten der Existenz. Welche davon abgerufen und verwirklicht werden, hängt ab von den Entscheidungen, die wir treffen. Sollte eine Menschheit, welche die Intelligenz hatte, sich selbst lenkende Waffen zu entwickeln, nicht auch die Intelligenz aufbringen können, in gemeinsamer Aktion eine positive Variante zu verwirklichen?

Aus dem Buch Zukunft ohne Krieg von Dieter Duhm

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