Terra Nova

Terra Nova Editorial 30.12.2021

„Die ganze Dunkelheit der Welt kann das Licht einer einzelnen Kerze nicht löschen.“ – Franz von Assisi.

                                                                                                                                                                                                                         

Lieber Mensch,

Ich stelle mir vor, dass dieser Tage viele Menschen – allein oder mit anderen – intensiv darüber nachdenken und beraten, wie im neuen Jahr eine echte Wende gelingt. Ein wirklicher Neuanfang für uns selbst, für die Menschheit. Inzwischen wissen wir allerdings, dass gute Vorsätze nicht viel bewirken. Viele versuchen deshalb, ihre Schattenseiten und destruktiven Gewohnheiten in einer Zeremonie loszulassen, vielleicht in einem Silvesterfeuer symbolisch zu verbrennen. Mir ist das auch eher selten gelungen.
Wenn ich in mich hineinhorche, dann kann ich nur an eine Art von Neuanfang glauben: Anzuerkennen, was bereits da ist. Ich erinnere mich an die Beschreibung einer Nahtod-Erfahrung: Ein junger Soldat war nach einer Fiebererkrankung für tot erklärt worden, sein Geist irrte umher und war in Panik, er suchte nach Anhaltspunkten und irgendwas, an das er sich halten konnte… und erinnerte sich schließlich an eine religiöse Erfahrung als Kind. Und auf einmal sah er das Licht. Ein ungeheures, wunderbares Licht, das zugleich unermessliche Liebe war. Das Erstaunliche war: Es war die ganze Zeit da gewesen.
Er hatte einfach immer in die falsche Richtung geschaut. Jetzt sah er sein ganzes Leben vor sich ablaufen, und immer war das Licht der Liebe da. All seine Einsamkeit und Trennung war eine Illusion gewesen. Dieses Erlebnis nahm er mit, als er wieder in sein Leben zurückkehrte und gesund wurde, und vergaß es nie.
Ich stelle mir vor, dass wir alle, die ganze Gesellschaft so funktioniert: Das Licht, das wir uns so wünschen und ersehnen, ist immer da, nur schauen wir in die falsche Richtung. Die Arbeit, die wir zu tun haben, ist so zu leben, so miteinander zu sein, uns gegenseitig so in die Karten zu schauen und schauen zu lassen, solche Entscheidungen zu treffen, dass wir in die richtige Richtung schauen können. Licht und Schatten zu sehen und unterscheiden zu können, ist für mich gleichbedeutend, wie uns für die Liebe zu entscheiden: unsere Liebe für uns selbst, für einander, für die Welt. Wo Menschen dies gemeinsam tun und sich gegenseitig darin unterstützen, erzeugen sie wirklich ein Licht, das nicht mehr gelöscht werden kann.
Als Studientext habe ich einige Gedanken von Jacques Lusseyran ausgewählt, dem blinden französischen Widerstandskämpfer, der das Licht wiederentdeckt hatte.
 
Ich möchte euch auch noch einmal den Text von Dieter Duhm zum Thema Corona ans Herz legen: Corona – Aufklärung und Korrektur. Wir freuen uns auf deine Kommentare und die Auseinandersetzung und einen Austausch darüber, wie wir uns auch in schwierigen Zeiten verbinden und vernetzen.
 
Alles Gute fürs Neue Jahr!
Christa Leila

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