Ein Blick auf die geschichtliche und seelische Bedeutung der Beziehung zwischen Mensch und Hund.
Zunächst einige inspirierende Geschichten und Fakten:
Seit mindestens 14.000 Jahren leben Menschen und Hunde zusammen, Jahrtausende länger als mit jedem anderen Haustier!
- Das Archäologen-Team um Simon Davis und François Valla findet im Norden von Israel/Palästina Ende der 1970er Jahre Überreste längst vergangener Zeiten. Es ist Schwerstarbeit, der Boden ist hart. Plötzlich wirft einer sein Werkzeug beiseite, pustet, pinselt. Er ist auf das Grab eines Menschen gestoßen. Darin: das rund 12000 Jahre alte Skelett einer Frau. Ihre Hand ruht schützend – auf dem knöchernen Körper eines Hundewelpen! Es ist ein früher Beleg für die lange und innige Beziehung zwischen Mensch und Hund.
Kein anderes Tier hat uns so unbedingt überallhin begleitet: Wo immer auf der Welt der Mensch seinen Fuß hinsetzte, lassen sich meistens auch Hundefährten finden.
Hunde sind in ihrem Sozialverhalten dem Menschen sehr ähnlich – Hunde können die Mimik eines Menschen lesen und sehen, ob ihr Mensch froh, traurig oder gestresst ist (wer kennt das nicht, der schon einmal einen Hund begleitet hat!). Auch wenn wir mit dem Finger auf etwas zeigen, versteht ein Hund, dass er mit dem Blick dem Finger folgen soll – etwas, was sonst wenig Tiere können.
- Biologe Brian Hare beobachtete über Jahre Wolfs- und Hundewelpen. Einmal versteckte er deren Futter in einer Kiste. Die jungen Wölfe versuchten sogleich, sie zu öffnen. Mit Zähnen und Krallen bearbeiteten sie die Box, um an den begehrten Inhalt zu gelangen.
- Den Menschen im Raum beachteten sie nicht. Ganz anders die Hunde: Kurz versuchten sie, die Kiste aufzubekommen, gaben aber schnell auf. Ohne es je geübt zu haben, schauten sie mit bettelndem Welpenblick den Menschen an und sagten so unmissverständlich: „Hilf mir!“ Was Hare dann auch tat.
Gerade wegen dieses „Bettelblicks“ haben Verhaltensforscher Hunde lange als nicht besonders schlau wahrgenommen. Doch inzwischen wissen sie, dass das nicht stimmt – dass der Hundeblick kein Zeichen von Hilflosigkeit ist, sondern ein Angebot an den Menschen, sich aufeinander einzulassen und zu verstehen.
Die Chemie zwischen Mensch und Hund stimmt. Das zeigt auch das «Kuschelhormon» Oxytocin, bekannt für seine Rolle bei der Bindung von Mutter und Baby. Es wird auch bei Mensch und Hund ausgeschüttet, wenn sich beide in die Augen schauen. Dass das Hormon hier über die Artgrenzen hinweg aktiv ist, ist bemerkenswert – vielleicht sogar einmalig.
Mensch und Hund – gemeinsam wurden sie stark. Fachleute sprechen von einer Koevolution der beiden Arten. Hund und Mensch haben sich in ihrer Entwicklung gegenseitig beeinflusst.
Das Hundegehege von Tamera
Wir erleben in unserer Arbeit immer wieder diese enge Verbindung. Wer einen Hund rettet, rettet oftmals auch sich selber. Wer beobachten und miterleben kann, wie ein traumatisierter Hund wieder Vertrauen schöpft, findet das Vertrauen auch in sich selber wieder. Es ist das Leben, das heilt! Bewegende Geschichten sind zu finden bei mutualrescue.org.
Auch in unserer Arbeit erleben wir diesen Zusammenhang. Julia hat bei uns gearbeitet, sie fasst ihre Heilung in einem Brief an uns zusammen (aus dem englischen übersetzt):
Die Arbeit mit den Hunden war unglaublich lohnend und ein Erlebnis, das mein Leben verändert hat. Als erstes: Glücklicherweise habe ich das Buch „Die Heilige Matrix“ in München in einem Bücherregal mit Büchern zum Verschenken gefunden, das war 2019. Ich hatte unmittelbar den tiefen Ruf, Tamera zu besuchen. Ich war noch nie in einer Gemeinschaft gewesen und wollte Tamera unbedingt selber erleben. Nur, dann kam Covid und dann war ich mit grösseren gesundheitlichen Fragen beschäftigt und hatte zwei Operationen: Beide Hüften mussten ersetzt werden (2021 und 2022).
Ich war noch in Rekonvaleszenz, hatte oft Schmerzen und musste auf eine Art wieder gehen lernen. Bei meiner Anmeldung in Tamera las ich auf Tamera´s Website, dass Tamera ein Hundesanktuarium führt. In der Beschreibung wurde gesagt, dass viele der Hunde aus Situationen kommen, in denen sie an Ketten gehalten wurden oder misshandelt worden sind. Im Sanktuarium,
in unserem Gehege, lernen die Hunde wieder zu gehen und auch, den Menschen wieder zu vertrauen und sich auf eine Bindung einzulassen. Ich las, das Gehege sei ein heilender Ort, nicht nur für Hunde, auch für Menschen. Diese Beschreibung resonnierte tief in mir mit meiner eigenen Geschichte, ich selber lernte auch wieder laufen. So habe ich mich für diese Arbeit angemeldet, ich war glücklich, dass ich angenommen wurde…
Ich habe es geliebt, die Hunde zu bürsten, mit ihnen spazieren zu gehen, mit ihnen zu sein und wurde gleichzeitig jeden Tag immer gesünder und fitter. Am Anfang hatte ich noch mit Schmerzen zu kämpfen, nach drei Wochen aber waren sie fast ganz weg, ich konnte schmerzfrei gehen.
Ich bin immer noch schmerzfrei – ich bin seit zwei Monaten nicht mehr in Tamera.
Ich bin sehr sicher, dass die Arbeit mit den Hunden meine Heilung stark unterstützt hat und generell auf meine Gesundheit einen sehr positiven Effekt hatte. Ich fühle mich gesünder, physisch und psychisch und ich bin überzeugt, dass die Hunde viel dazu beigetragen haben.
Ich habe beobachtet, wie sich einige der Hunde in ein paar wenigen Wochen verändert haben, von verängstigt und scheu zu vertrauensvoll und glücklich. Mir zeigt diese Heilung die Kraft der Liebe und der Anteilnahme und es hat mich angespornt, selber glücklicher und besser zu werden.
Diese Erfahrung hat auf der einen Seite mein Verständnis von Hunden vertieft, auf der anderen aber hat es mir die tiefere Bedeutung von Vertrauen und Gemeinschaft gezeigt – es ist ein wertvolles Kapitel in meiner persönlichen Geschichte…
Danke sehr dafür, dass ich diese einmalige Erfahrung machen durfte!
Danke Julia – und all den anderen Helferinnen und Helfern – für Eure liebende und verbindliche Unterstützung!
Dieses Jahr 2023 war – neben der tollen Unterstützung – ein Jahr mit einigen Herausforderungen. Es gab eine dramatische Rettung von einem Hund, der heute Jace heisst und ein glückliches Leben führt. Er wurde gesichtet in Reliquias mit einer Drahtschlaufe um seinen Bauch von einer Falle für Wildschweine, die noch benutzt werden, obwohl sie verboten sind. Menschen haben ihn seit Wochen so gesehen, er war scheu und verletzt. Unser Team konnte ihn einfangen, das Drahtseil entfernen und ihn ins Krankenhaus bringen. Seine Wunde war voller Maden. Seither geht sein Weg unbeirrbar Richtung Heilung. Noch hat er manchmal plötzlich unerklärliche Angst, weiss nicht mehr, dass er in Sicherheit ist – es ist als würde etwas Dunkles aus seinem früheren Leben plötzlich wieder aktiv – wir sind sicher mit Geduld wird auch dieser Rest seines Traumas heilen und er lebt das Leben, das zu ihm gehört.
Einige von unseren älteren vierbeinigen Weggefährten mussten in diesem Jahr medizinisch behandelt werden – Shell hatte sogar eine Magenverdrehung und musste in einer lebensbedrohlichen Situation notfallmässig nach Beja ins Krankenhaus gefahren werden – und konnte noch rechtzeitig operiert werden. Heute ist er wieder „der Alte“, besonnen und ruhig und geniesst sein Leben in der Gruppe der Hunde.
Diese gehäuften Fälle haben unser Budget belastet. So haben wir das Budget, das wir von Tamera´s Basishaushalt zur Verfügung gestellt bekommen, um dreieinhalb tausend Euro überzogen. Wenn Ihr helfen könnt, dieses Defizit zu decken – es ist eine grosse, grosse Hilfe, für die Arbeit mit den Hunden und für Tamera!
Bitte klickt hier und fügt dazu „for dog shelter“ oder „für Hunde“.
Von allen Spenden gehen 30% an unseren Basishaushalt, das ist eine Regelung für alle Projekte mit unabhängigem Budget – damit geben wir an unseren „Mutterkuchen“, der das Budget bereitstellt, uns unterstützt mit unentgeltlicher Hilfe, mit Wasser und vielem mehr etwas zurück.
Das vergangene Jahr war auch geprägt durch den Ausbau des Geheges und der Renovation. Wir konnten investieren, da wir Spendengelder aus den Vorjahr dafür aufgehoben hatten. So haben wir zwei neue Boxen, eine für Fred, unseren schwierigen Genossen, der jetzt ein Zuhause hat direkt
neben dem grossen Wohnzimmer der Hunde. So hat er gut und oft Kontakt, was ihm gut tut – auch er ist eine Seele, die keine Zeit verliert und jede Situation für seine Heilung nutzt.
Ein interessantes „Detail“: Beim Ausbau haben wir Kaninchengänge entdeckt, und haben dann die Zaunführung so umgeändert, dass die Gänge ausserhalb des Geheges sind. Jetzt leben die scheuen Kaninchen in direkter Nachbarschaft von Hunden.
Ein schönes Angebot hat eine Mitarbeiterin unseres Teams, Lee von dem Bussche, erarbeitet. Ein Online-Kurs „Kooperation mit allen Wesen“. Für die Vertiefung der Themen der Kooperation, ist das eine sehr schöne Möglichkeit. Die Hunde werden in diesem Kurs auch vorgestellt!
Ein Bereich, den wir hier auch nennen wollen: Wir vermitteln unsere Hunde, wenn sie dafür bereit sind. Sie sind auf folgender website vorgestellt: montealegre.co/en/adocao
Wir danken für die bedingungslose Liebe, die uns durch die Hunde immer entgegengebracht wird und wir danken Euch fürs Lesen, fürs Dabeisein – und für Eure Unterstützung!
Mit viel Freude und Liebe – Euer Team!
Barbara, Blanca und Lee
Dezember 2023 –
www.tamera.org
Hier ist der Brief aus dem Hundesanktuarium Dezember 2023 als PDF zum Ausdrucken