Aus einem Interview mit Malte Diekmann, einem der Gründer des Michaelshof Sammatz
Frage: Wie kommt man zu der Selbstbejahung, von der du gesprochen hast? Hadern tun wir ja alle, und man kann den Eindruck haben, wer´s nicht tut, verdrängt es meist nur.
Malte Diekmann: Das Hadern ist natürlich ein großes Problem. Denn meistens hat es ja Inhalte, die wenigstens teilweise berechtigt sind. Doch eben nur teilweise. Wie oft vergisst man den eigenen Anteil an den Dingen, die einem das Leben scheinbar ungerechterweise schwer machen. Da hilft leider nur Selbsterkenntnis – etwas, vor dem sich die meisten Menschen anscheinend sehr fürchten. Diese Furcht bringt sie dann um die wichtigsten Erfahrungen auf diesem Gebiet. Bei näherem Hinsehen merkt man, wie dumm das ist: Denn die Sachen, die man anzuschauen hat, sind ohnehin da, ob man von ihnen wissen will oder nicht. Durch Wegsehen ändert sich nichts. Wenn man seine Schwächen aber kennt, kann man sie auch angehen und verändern. Das ist doch ein echter „Heimvorteil“. Niemand kann uns daran hindern. Am liebsten würde man zwar den anderen Menschen verändern, das ist aber viel schwerer. Das kann er ja nur selber tun und es liegt ganz in seiner Freiheit, ob er es tut. In meiner Freiheit liegt es hingegen, mich selbst zu verändern. Vor dem Verändern steht allerdings häufig als ein erster Schritt die Bereitschaft, die Dinge, die man bereits kennt und als peinlich und unangenehm empfindet, mit Freunden zu besprechen, anstatt sie unter den Teppich zu kehren.
Frage: Welche Rolle spielt das Aussprechen dabei? Genügt es denn nicht, einen Fehler zu erkennen?
M.D.: Meist nicht, denn bei der Lebenseinweihung kommt eben zum Erkennen noch das Bekennen hinzu. Sie vollzieht sich nicht im stillen Kämmerlein, sondern findet im Leben statt, mit anderen Menschen. Im Gegensatz zu den Stufen der geistigen Erkenntnis, die man erst einmal allein vollzieht, handelt es sich da um zwei Schritte: Erkennen und Bekennen. Das Bekennen ist nur vor Menschen, auf eine andere Art auch vor Göttern möglich. (…) Das Anschauen der eigenen Schwächen ist ja heute wenig populär. Statt sie rückhaltlos anzuschauen, wehrt sich der Mensch dagegen, er schlägt regelrecht nach links oder rechts aus, ganz „wie Rosse es tun“. So beschreibt Steiner das in den Vorträgen zum vierten Mysteriendrama und weist darauf hin, dass Luzifer und Ahriman dann ein leichtes Spiel haben. Sie können Schwächen, die der Mensch im Dunkeln lassen will, leicht ergreifen und für ihre Zwecke nutzen. Wenn man sich seine Schwächen jedoch anschaut und dadurch das Licht des Bewusstseins auf sie fällt, wird das für die Widersacherkräfte sehr viel schwerer. Wenn man – für sich selbst scheinbar schlau – von all dem nichts wissen will und sich selber dumm hält in Bezug auf Selbsterkenntnis, gibt man Luzifer und Ahriman quasi freie Fahrt. Dann können sie auf unsere Schwächen ungehindert zugreifen. Und mehr noch – und das gehört auch zu unserer Zeit – sie laden sie gewissermaßen magisch auf, das heißt, sie statten sie mit Kräften aus, durch die wir anderen Menschen schaden können. Das wird besonders da relevant, wo sich Menschen zusammentun, um übergeordnete Ziele zu verfolgen.
Aus dem Buch: „Akademie am Michaelshof. Aus der Arbeit 2010 – 2013“