„Das ganze Leben meditiert. Alles, was wir um uns herum wahrnehmen, das Summen der Fliegen, das Krächzen der Raben, die vor mir liegenden Hügel, die im Wind schaukelnden Zweige der Korkeichen, die Vögel, die da oben zwitschern – all das befindet sich in ewiger Meditation. Das gesamte Universum, aus dem die Galaxien
hervorgehen, befindet sich in tiefster Meditation. Und wir Menschen werden alles das verstehen lernen, so, wie wir es lernen werden, unser gesamtes Leben in die Meditation zu bringen.“
Dieter Duhm
Liebe Freundinnen und Freunde von Terra Nova,
ich habe etwas verspätet erfahren, dass am 22. Januar genau um Mitternacht, Thich Nat Hanh verstorben ist, und möchte ihm diese Aussendung widmen. Ich habe ihn Ende der 90er Jahre in Berlin kennengelernt, auf seiner Pressekonferenz anlässlich der Eröffnung eines Zentrums für Engagierten Buddhismus. Damals sagte er, dass er Hoffnung hege, dass Deutschland durch die Regierungsbeteiligung der Grünen das erste Land werden könnte, das auf echte Werte zählt – auf Mitgefühl, Gerechtigkeit und Verbundenheit mit der Natur. Schon damals erschien mir das naiv – aber vielleicht war die Aussage ja vor allem als „Glocke der Achtsamkeit“ gedacht: eine der Techniken, die Thich lehrte, um uns im jeweils jetzigen Moment unser Tun und Denken vor Augen zu führen.
Ich war damals vor allem beeindruckt von dem Gemeinschaftsgeist, den die Mönchen und Nonnen inmitten der Journalisten und Politiker praktizierten. Und hatte dann die Gelegenheit, Thichs langjährige spirituelle Gefährtin Chan Khong zu interviewen, deren Buch „Aus Liebe zu allen Wesen“ ich dann verschlungen habe als Lebenszeugnis authentischer Hingabe und Liebe für die Welt. Was diese damals jungen privilegierten Menschen im Vietnam-Krieg unternommen hatten, um zu helfen! Mit wie viel Mut und Hingabe sie Fronten überquerten, sich täglich der Lebensgefahr aussetzten und wie sie Mitgefühl, Meditation und direkte Aktion verbanden! Schon in den Sechziger Jahren versuchten sie, in Vietnam ein Netzwerk von Selbstversorger-Gemeinschaften aufzubauen, die eine andere Realität im Lande aufbauen sollten.
Als sie Vietnam verlassen mussen, übertrugen sie ihr Engagement nach Amerika und Europa. Sie reichten ehemaligen traumatisierten Vietnam-Soldaten der Versöhnung. Claude AnShin Thomas ist das bekannteste Beispiel eines Veteranen, der durch diese Berührung mit angeblichen Feinden Heilung fand und sein Leben neu ausrichtete.
Als Studientext habe ich ein sehr bekanntes Gedicht von Thich Nat Hanh gewählt, das seine Philosophie des „Inter-Sein“ spiegelt: Alles ist mit allem verbunden. Das ist für mich der Kern seiner Botschaft und auch der authentische Kern jeder Gemeinschaftsbildung. Über diesen Kern einer Friedensgemeinschaft spricht auch Sabine Lichtenfels im „Ring der Kraft“ der Woche.
Ich grüße euch herzlich
Christa