„Es ist nicht deine Schuld, dass die Welt ist, wie sie ist. Aber es ist deine Schuld, wenn sie so bleibt.“
Die Ärzte
Lieber Terranaut, liebe Terranautin,
Ich begegne sehr vielen Menschen, die sehr viele sehr gute Dinge tun – sie gründen Projekte, engagieren sich in bewundernswerten Initiativen, schreiben Bücher und machen Filme für eine bessere Welt. Sie sagen ihre Meinung trotz Gegenwind und Ausgrenzung, besetzen Baustellen von industriellen Projekten und vieles mehr. Im Laufe der Zeit sehe ich allerdings auch, wie fast alle Initiativen nach einer Weile wieder zerbrechen. Und zwar fast immer an zwischenmenschlichen Konflikten. Die große Einigkeit zerbröselt nach einer Weile wieder. Dann übernimmt der innere Schweinehund mit unschönen Phänomenen wie unterschwellige Konkurrenz, heimliche erotische Anziehung, Wichtigtuerei, Neid, Minderwertigkeitsgefühle, undurchschauter Egoismus, Ängste. Wenn wir den kollektiven inneren Schweinehund ignorieren, wächst er, und irgendwann genügt ein kleiner Anlass und er eskaliert. Wer hat es nicht schon erlebt: die bisher klügsten und edelsten Zeitgenossen verhalten sich wie kindische Kampfhähne oder -hennen und torpedieren ihr eigenes Werk, ihre Gruppe, ihre Wirkung aus nichtigstem Anlass.
Wir haben alle diesen inneren Schweinehund. Das ist nicht weiter schlimm, das sind Reaktionen und Reflexe, die wir uns im Laufe unseres Lebens aneignen mussten. Wichtig ist nur, wie wir ihn behandeln: Lassen wir uns von ihm das Leben diktieren, indem wir ihn einfach machen lassen – oder weisen wir ihn in die Schranken, entwaffnen ihn – in Eigenarbeit und gemeinsam?
Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass der Aufbau von Gruppen und menschlichen Zusammenhängen, wo der innere und zwischenmenschliche Schweinehund keine Macht mehr hat, zu den wichtigsten politischen Aufgaben gehört. Keine ökologische, politische oder spirituelle Initiative wird dauerhaft Erfolg haben, wenn wir die sozialen Zeitbomben nicht entschärft haben. Tamera hat viele Jahre lang daran gearbeitet, im direkten Zusammenleben Angst und Lüge durch Vertrauen und Wahrheit zu ersetzen. Ich werde oft gefragt, welche sozialen Werkzeuge wir für die Vertrauensbildung in Gruppen empfehlen. Nach über 30 Jahren kann ich sagen, dass ich noch kein Werkzeug gefunden habe, das auf lange Sicht der Cleverness des inneren Schweinehundes gewachsen wäre. Er wird jede Methode letztlich wieder nutzen, um sich darin zu verstecken und heimlich zu wirken. Auch die gestandensten Gruppen haben kollektive blinde Flecken, die sich ausagieren, wenn wir aufhören zu forschen und uns auf gefundenen Methoden ausruhen.Und doch erlebe ich derzeit eine neue Zuversicht. Gerade angesichts der wachsenden Bedrohung erlebe ich Menschen, Gruppen und Begegnungen mit einer klaren Priorität: mehr Nähe, mehr Verbindlichkeit, mehr Wahrheit zu wagen, um den menschlichen Grund und den Zusammenhalt zu schaffen, auf dem Vertrauen möglich wird. Ich sehe es mittlerweile als eine Tätigkeit der menschlichen Evolution auf dem Weg zu einer vereinten Menschheit.
Zu dem Thema Kohärente Gruppen empfehle ich dir den Studientext von Monika Alleweldt (s.u.) – und einen Video-Auszug aus einer Lehreinheit von Martin Winiecki: Zur politischen Theorie der Heilungsbiotope. Das Video ist Teil des Onlinekurses „Die heilige Matrix“, den wir dir ebenfalls sehr ans Herz legen.
Herzlich
Christa Leila
Die kohärenten Gruppen
von Monika Alleweldt
Eine kohärente Gruppe kann nicht durch Druck von außen gebildet werden, sondern entsteht aus einer inneren Motivation, aus dem unbedingten Willen, an der Heilung der ganzen Erde mitzuwirken. Dieser Wille ist leichter aufzubringen, wenn der Plan im öffentlichen Gespräch ist, wenn er anerkannt ist. Doch in erster Linie kommt er aus der Anteilnahme am Schicksal von Mensch, Tier und allem Leben auf dieser Erde. Wer sich davon berühren lässt, kann nicht anders, als nach einer Lösung zu suchen.
Wenn der Bildeprozess einer kohärenten Gruppe einmal angeworfen ist, wird er nicht durch angestrengtes Nachdenken und in mühevoller Kleinarbeit weitergeführt, sondern er entwickelt sich in wunderbarer Weise „von selbst“, so wie ein Embryo von selbst wächst oder ein Same sich von selbst in eine blühende Pflanze entwickelt. Sie geschieht von selbst in Gruppen von Individuen, „die einander vertrauen“, wie David Bohm gesagt hat. Durch das Vertrauen unter Menschen entsteht von selbst die Resonanz, das Zusammenschwingen mit dem Ganzen. Vertrauen ist der Schlüssel. Um Vertrauen zu erzeugen, brauchen wir ein Leben, das uns dazu befähigt, einander wahrzunehmen und dabei sehr tief kennenzulernen.
Dazu machen sich die Einzelnen bereit, auf den Grund ihres Mensch-Seins hinabzutauchen und das voreinander zu offenbaren, was ihnen dabei entgegenkommt. Sie entdecken aneinander die Geschichte des Menschen, seine Verfehlungen, seine Irrtümer, seine Suche, seine Schuld, seinen Schmerz. Und gleichzeitig sehen sie seine Möglichkeiten, seine Talente, seine Gaben, seine evolutionäre Mitgift, seine ewige Schönheit.
In dieser Heilungsarbeit müssen sich die Beteiligten gegenseitig unterstützen, einander helfen und füreinander da sein. Aber dieses „muss“ ist keines mehr, das ihnen von außen auferlegt wird. Es ist eine innere Unbedingtheit, eine Überlebenskraft. Sie sind aufeinander angewiesen, so wie eine Seilschaft, die den höchsten Gipfel erklimmen will. Sie sind auf dem Weg zu einer wirklichen gegenseitigen Akzeptanz. Zwischen diesen Menschen verdichtet sich der Geist zu einem Geist. Er wird beinahe zur spürbaren Substanz. Die Beteiligten erkennen, dass die eigene Heilung und Entwicklung untrennbar mit einer solchen Gruppe verbunden ist. Sie durchlaufen einen Prozess der „Individuation“ (C. G. Jung), der dazu führt, dass sie sich nicht mehr als getrennte Individuen wahrnehmen, sondern als hochentwickelte, bewusste, autonome und kooperationsfähige Menschen.
Jetzt wirkt das Steuersystem des großen kosmischen Heilfeldes, der heiligen Matrix, in der Menschengemeinschaft. Jetzt können die Beteiligten reibungsfrei und sehr präzise zusammenarbeiten, sie handeln in einem Geist, sie bilden zusammen einen Organismus. Sie erfüllen darin unterschiedliche Aufgaben gemäß ihrer unterschiedlichen Talente, so wie auch ein Organismus aus unterschiedlichen Organen besteht. Sie haben in sich einen neuen Ich-Punkt ausgebildet, das Selbstbewusstsein des transformierten Menschen.
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Hier schenken wir euch einen Auszug aus dem Online-Kurs „Die heilige Matrix – das kosmische Heilfeld denkend erfassen“: