Terra Nova

Editorial Terra Nova vom 10. November 2022

Eine meiner liebsten Zen-Geschichten ist kurz und einfach. Ein Schüler fragt den Meister: „Was ist die ständige Aktivität aller Buddhas und Bodhisattvas?“ Mit anderen Worten, was ist das Besondere am täglichen Leben der Erwachten? Der Meister antwortet: „Angemessenes Reagieren.“ Das ist alles. Es gibt keine besonderen Kräfte, außer der vollen Aufmerksamkeit für das, was tatsächlich geschieht, und dementsprechend zu handeln.
David R. Loy

Liebes Terra Nova-Netzwerk,

Diese Welt sieht so aus, wie sie aussieht, weil die wenigsten von uns in der Lage sind, „angemessen zu reagieren“. Obwohl die Herausforderungen unserer Zeit bekannt sind, machen wir weiter wie immer – oder verstricken uns in endlose Debatten. Was ist los mit uns? In welcher Realität leben wir? Diese Frage führt mich heute zum Buddhismus.

Nicht weil ich ein besonderer Fan des Buddhismus wäre. Aber ich durfte kürzlich ein inspirierendes Interview mit einem Buddhismus-Professor führen. David R. Loy war Aktivist, bevor er Buddhismus studierte. Er protestierte gegen den Vietnam-Krieg, bis er merkte, dass sich uneinangestandene persönliche Gefühle von Ärger und Wut in seine Aktionen mischten. „Die Sechziger Jahre waren auch geprägt von einer psychedelischen Revolution. Der Vietnam-Krieg und das LSD zeigten uns, dass die Wirklichkeit anders ist, als Staat und Schule uns sagten. Man hatte uns angelogen. Der Buddhismus hatte deshalb so viel Zulauf, weil er uns Möglichkeiten zeigte, die Wirklichkeit zu sehen.“
Mit seinen Eco-Dharma-Zentren verbindet Loy heute Buddhismus und Aktivismus. Auf einem seiner seltenen Vorträge in Deutschland fand ich im Publikum überwiegend junge Aktivisten. Ihre Fragen zeigten ein sehr lebendigen Interesse an allem, was ihren Widerstand und ihre Aktionen authentischer, wirksamer und nachhaltiger machen könnte.

Herzlich

Christa

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