Im Gespräch mit Heinz-Ulrich Eisner
Stellen Sie sich einmal vor, Sie müssten Ihre Lebenskosten nicht nur aus dem bestreiten, was Sie selbst verdienen – sondern hätten den Verdienst einer ganzen Gruppe zur Verfügung! Aber stellen Sie sich auch vor, dass Sie – wenn Sie sich einmal was leisten möchten – nicht nur sich selbst fragen müssten, sondern auch die ganze Gruppe.
Die Freuden und Herausforderungen einer gemeinsamen Ökonomie – im Gegensatz zu Privateigentum – kennt Heinz Ulrich Eisner seit vielen Jahren. Er lebt seit dreissig Jahren in Kommunen und Gemeinschaften – in Niederkaufungen und der Villa Locomuna in Kassel und heute im ZEGG bei Berlin – und er berät Gemeinschaften darin, eine gemeinsame Ökonomie einzuführen.
Auch meine noch ganz junge Gemeinschaft Terra Nova an der Ostsee hat Gemeinschaftseigentum eingeführt – das heisst, alles was wir verdienen und was wir ausgeben, ob privat oder für unser Unternehmen, kommt und geht aus einer Kasse. Das ist für uns auch ein Akt gegen das kapitalistische System, das auf Profit, Mangel und Misstrauen beruht. Und es wirft spannende Fragen rund ums Geld und unseren Wert als Mensch auf.
Wie das organisiert werden kann und wie man mit den menschlichen Themen dabei umgeht, dazu habe ich Heinz Eisner befragt.
Aus dem Gespräch:
Die Sphäre von Erzeugung von Gütern und Dienstleistungen und deren Verteilung und wie das gestaltet ist, prägt die Gesellschaft von Grund auf und zwar so massgeblich, da geht gar kein Weg dran vorbei. Aus meiner Sicht ist relativ deutlich, dass die Art und Weise, wie wir das zurzeit organisieren, Desaster ohne Ende auf globaler Ebene erzeugt. Das wird sich alles mit ein bisschen Grün anstreichen nicht lösen lassen. Und aus meiner Sicht braucht es dann ein viel, viel grundlegenderes Nachdenken: Wie wollen wir miteinander wirtschaften?
Aus meiner Sicht ist die zentrale Grundlage unseres ökonomischen Systems das Eigentumsrecht und darauf aufbauend dann die Geldwirtschaft. Und diese beiden Zahnräder zusammen erzeugen ein Desaster. Das lässt, ich glaube, dass es sich nicht lösen lässt, wenn man das nicht bereit ist, infrage zu stellen.
Eigentum bedeutet, ich kann andere von der Nutzung von etwas ausschliessen, obwohl ich es selber nicht brauche.
Bei gemeinsamer Ökonomie geht es vor allem um das Thema des Teilens. Das geht es nicht so sehr um Gerechtigkeit, sondern in einen gemeinsamen Raum zu kommen, wo wir nicht irgendwelche Äquivalenzwerte gegeneinander tauschen, sei es in Geld oder in Gütern, hin zu einem ökonomischen Wir, wo wir einfach teilen, weil wir sagen, es ist unser gemeinsames, ob Ressource oder Geld. Denn wir leben in einer geldbasierten Gesellschaft und kommen da auch nicht raus.
Im Augenblick ist Geld vor allem ein Ausweis der Trennung. Dieses ganze Konzept von Autonomie, was im Grunde unsere Gesellschaft durchzieht, ist eine geldvermittelte Illusion. Als menschliche Wesen brauchen wir immer andere für Sozialkontakt, weil wir gar nicht alles selber können und herstellen und sonst wie können, was wir im Leben brauchen. Menschen, mit denen wir uns überhaupt austauschen und geistig verbinden können. Also wir sind immer darauf angewiesen, dass da andere sind, die uns gegenüber sind. Und heute leben wir in der Illusion, wir könnten diesen anderen durch Geld beliebig austauschen.