Terra Nova

Liebe und Revolution

von Monika Alleweldt

Liebe Terranauten und Terranautinnen,

Ich möchte euch als erstes ein griechisches Lied ans Herz legen. Der Text ist ein Gedicht von George Seferis, das von Mikis Theodorakis vertont und hier von Maria Farantouri gesungen wird. Während der Zeit der griechischen Militärdiktatur (1967 – 1974) wurde das Gedicht zu einer Hymne des Widerstands. Auch Mikis Theodorakis ist ein Name, der fest mit dem Gedanken der Revolution verbunden ist. Revolution und Liebe: das sind zwei Begriffe, die in auf eine ganz bestimmte Weise zusammengehören. 

Arnisi (Entsagung) – George Seferis (Text), Mikis Theodorakis (Musik), Maria Farantouri (Gesang)

Aber zunächst einmal: Hört das Lied an mit dem Gedanken, dass wirklich gute Musik nie aus uns selbst kommt, sondern aus dem Universum, aus dem großen Ganzen. Wir Menschen sind dann Kanal für eine kosmische Kraft, die sich in diesem Fall durch Musik offenbart. Aus diesem Raum kommen auch unsere Gedanken kommen, wenn es „richtige“ Gedanken sind. Wir spüren „richtige“ Gedanken an der Begeisterung, die sie in uns auslösen. Wir alle kommen aus diesem kosmischen Raum. Menschen, die Nahtoderlebnisse hatten, berichten, dass sie in diesem Raum einer Liebeskraft begegnet sind, die sie in ihrem irdischen Leben nicht kannten und nach der sie sich doch unbewusst gesehnt hatten. Es war eine erschütternde Erfahrung. 

Doch wenn wir heute auf das schauen, was gerade auf dieser Erde geschieht, dann sehen wir wenig von dieser Liebe, sondern vor allem ihr Gegenteil. Wir schauen in eine globale Katastrophe. Sie zeigt sich im derzeitigen Wettergeschehen, den verheerenden Bränden und Überschwemmungen. Am Nordpol wurde eine Temperatur über 20 Grad Celsius gemessen, in Grönland schmilzt das Eis rapide, in Brasilien hat es geschneit, in Schweden wütete ein Tornado. Wir sehen es in den Kriegen, die geführt und geplant werden. Im südchinesischen Meer werden militärische Manöver durchgeführt, an dem auch Deutschland beteiligt ist. Man spricht von einem baldigen Krieg gegen China. Wir sehen Krisen über Krisen. Wir teilen die Gesamtkatastrophe auf in verschiedene Krisenherde. Da ist das Klima, dort die Gewalt, dann die Flüchtlinge, die Corona-Pandemie, ein endloses Problemband. Und weil wir nur auf einen Aspekt schauen, kommen wir zu Schlussfolgerungen und Erklärungen, die sich auch nur auf diesen Teilbereich beziehen. Sie sind unvollständig und zu kurz gegriffen. Beim Klima wird der Kohlendioxid-Ausstoß ursächlich verantwortlich gemacht, die Kriege werden von Militär, Regierungen, Geheimdiensten und Wirtschaftseliten angezettelt.

Vor vier Tagen jährte sich der Abwurf der ersten Atombombe, die am 6. August 1945 über Hiroshima gezündet wurde. Als sie sahen, was diese Bombe angerichtet hat, warfen sie drei Tage später die zweite auf Nagasaki.

Wir können leicht sagen, das waren die Amerikaner. Das waren die, die solche Bomben entwickelt und in Auftrag gegeben haben; es waren die, die Befehlen blind gehorchen. Wir aber stehen auf der Friedensseite, wir arbeiten für eine bessere Zukunft. Das ist aber nur ein Teil der Wahrheit. Wenn wir auf das Ganze schauen, auf die kosmische und irdische Welt zusammen, dann ändert sich unser Blick. Dann kommen wir an den Punkt, wo wir sehen, alle Probleme haben eine gemeinsame Ursache.

„Die tiefste Wahrheit der patriarchalen Epoche ist die, dass sie die Liebe verhindert hat,“ schreibt Dieter Duhm in seinem Buch „Die heilige Matrix“. Wir sehen dann, dass die kosmische Liebeskraft noch nicht heimisch werden kann auf unserer Erde. Und das ist so, weil wir Menschen unser Herz verschlossen haben. Die kosmische Liebe kann durch uns nicht wirken.

Der Abwurf der Atombombe war die Tat von vielen Menschen, deren Herz verschlossen war. Die Umweltkrise ist das Resultat von Menschen, die mit verschlossenen Herzen leben und arbeiten. Schlachthöfe oder Massentierhaltung sind nur möglich, weil Menschen ihr Herz verschlossen haben. Und wir? Die wir für den Frieden arbeiten? Was ist mit unserem Herzen? Was tun wir, wenn wir hören, dass Kinder im Mittelmeer ertrinken? In ihrem Buch „Quellen der Liebe und des Friedens“ lässt Sabine Lichtenfels die Weltenseele zum Menschen sprechen. Sie sagt: „Wenn Du das Elend der Welt einmal mit Meinen Augen gesehen hast wirst du nicht länger warten. Du wirst losziehen, bis du die Antwort gefunden hast, die dich mit der Vollmacht des Handelns verbindet.“

Warum ziehen wir nicht los, um diese Vollmacht zu finden? Vollmacht ist etwas, das in uns selbst liegt. Wir projizieren dann nicht mehr die Macht auf andere, auf die Multinationalen, auf Regierungen, auf das Militär, sondern holen sie zu uns zurück. Warum tun wir es nicht? Eine Antwort darauf ist: Uns berührt das Elend der Welt nicht. Es erreicht uns nicht. Ich meine das nicht moralisch. Ich weiß es von mir selbst. Bevor wir Mitleid wirklich empfinden, bevor in uns der heilige Zorn entsteht, der zur Vollmacht führt, kommt in uns ein anderer Schmerz auf. Und dieser Schmerz ist unser eigener. Den wollen wir verdrängen. Wir wollen ihn nicht fühlen. Er erinnert uns an etwas, an das wir uns auf keinen Fall erinnern wollen. Die Erinnerung ist zu schlimm, es war eine traumatische Erfahrung, die fast immer im Bereich der Liebe liegt. Um sie zu vergessen, müssen wir unser Herz verschlossen halten. Wir öffnen es dann vielleicht wieder ein klein wenig in einem Rahmen, den wir kontrollieren können. Das ist die Situation der Zweierbeziehung. Sie hat klare Regeln, aber was tun wir, wenn der oder die andere diese Regeln bricht? Wenn sich der oder die andere auch in eine/n Dritte/n verliebt? Dann gerät die Situation aus unserer Kontrolle, und wir beginnen mit allen Mitteln zu kämpfen. Das ist das Ergebnis verschlossener Herzen.

Vergleichen wir diese Kraft der Liebe mit der Kraft eines Löwen. Wir packen den Löwen in unseren Liebesbeziehungen in eine kleine Schuhschachtel. Nur du und ich. Ein kleines Haus, ein kleines Wohnmobil, eine Schuhschachtel. Der Löwe ist anpassungsfähig, er möchte uns zu Diensten sein, er versucht alles, um in der Schuhschachtel zurecht zu kommen. Doch manchmal muss er sich bewegen. Manchmal möchte er nach rechts oder links schauen, auf ein erotisches Signal reagieren, das ihn erreicht. Überall sind diese erotischen Signale. Es sind Signale der Liebe. Aber schon bei der kleinsten Bewegung kracht die Schuhschachtel aus den Nähten. Dann beschuldigen wir unsere Partner. Wir machen ihn oder sie verantwortlich dafür, dass der Löwe sich bewegt hat. Wir sehen nicht, dass es die zu kleine Schuhschachtel ist, in der die große kosmische Liebeskraft nicht hineinpasst. Und weil wir das nicht sehen, suchen wir auch nicht nach einem anderen System, in dem diese Löwenenergie Löwe mit uns zusammen friedlich leben kann.

Wir sitzen solange mit Guten und Bösen im gleichen Boot, bis wir anfangen, ein System aufzubauen, in der die Liebe gedeiht. Die Liebe, die den eigenen Schmerz angeschaut und integriert hat, ist stärker als alle Angst und alle Gewalt. Dann ist Liebe nicht mehr nur ein Geschehen zwischen zwei Menschen, sondern ein Daseinszustand, eine Vollmacht. Aus diesem Zustand heraus finden wir andere Antworten auf den Schmerz der Welt, auf die Klimakrise, auf die Hungersnot, auf das Elend der Jugendlichen, die überlegen, Selbstmord zu begehen.

Ich freue mich über ein wachsendes Bewusstsein über diese Zusammenhänge und auf eure Kommentare.


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